Der Fußball lebt von seinen Emotionen und der Leidenschaft derer, die auf dem Platz stehen. Die Zuschauer*innen fiebern mit, feuern die Aktiven an und kommentieren die Schiedsrichterleistung. Alles soweit bekannt. Allerdings nehmen in den vergangenen Jahren Respektlosigkeiten zu, die Gewaltbereitschaft auf den Plätzen steigt.
Ein gesamtgesellschaftliches Problem, dass sich auf den Plätzen widerspiegelt, dem allerdings nicht tatenlos zugeschaut wird. Der Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) verfolgt eine "Null-Toleranz-Politk" gegenüber Gewalttäter*innen. Zugleich will der Verband einer weiteren Verschärfung der Situation entgegenwirken und hat das Thema "Gewaltprävention" institutionalisiert.
Mit Alexander Lüggert kümmert sich ein hauptamtlicher Mitarbeiter um die "besonderen Vorkommnisse" des Wochenendes. Darunter fallen Spielabbrüche, aber auch Diskriminierungen oder Handgreiflichkeiten – Eskalationen jeder Art. Hier setzt die Arbeit des Ansprechpartners an. "Es kann sich wirklich jeder an mich wenden, der in irgendeiner Form Gewalt oder Rassismus auf dem Sportplatz erfährt, beobachtet oder Bedenken in diese Richtung äußern möchte. Wir wollen an möglichst vielen Stellen aktive Hilfe anbieten", sagt Lüggert.
Vielfältige Unterstützungsangebote
Seine Aufgabe: Sich ein Bild von der Lage verschaffen, die Beteiligten und verschiedenen Ebenen kontaktieren – Kreisvorsitzende, Staffelleiter*innen, Schiedsrichter*innen und Vereine – und klären, ob und inwieweit nach den Ereignissen Hilfsbedarf besteht. Es gibt bereits vielfältige Unterstützungsangebote, die nicht jedem/jeder bekannt sind. Lüggert ersetzt dabei nicht die Sportgerichtsbarkeit, sondern soll deeskalierend wirken und die Beteiligten sensibilisieren, um künftigen Gewaltausbrüchen vorzubeugen.Alexander Lüggert ist für Sportler*innen, Vereine, Schiedsrichter*innen und Funktionär*innen die Anlaufstelle für Gewalt- und Diskriminierungsvorfälle.
Weitere Informationen:
Die verbale und körperliche Gewalt auf Sportanlagen ist auch im Kreis Ahaus-Coesfeld ein nicht endendes Thema
Schon weit vor dem Virus Covid 19 beschäftigten sich die Sportgremien des FLVW-Kreises Ahaus-Coesfeld mit dem Thema “verbale Gewalt” auf Sportanlagen, war doch dieses Phänomen die ausgemachte Hauptursache für den dramatischen Rückgang der Schiedsrichterzahlen. Der Kreisfußballausschuss musste gegensteuern und erzielte durch einen Workshop mit den Verantwortlichen der Vereine gute Ergebnisse, die in der Folgezeit umgesetzt werden sollten. Der Kreis war mit seinen Vereinen auf einem guten Weg, wurde aber leider auch bei diesem Thema durch die Pandemie ausgebremst. Der Abbruch der damaligen Saison wie auch die dann folgende Spielruhe tat wohl allen nicht gut.
Bis zum Beginn der Saison 2023/24 erreichten die Sportgerichtsurteile mit über 90 Verfahren in einer Saison einen neuen Höchststand, waren alleine im Jugendbereich bei den jüngsten Teams in der Saison 22/23 vier Spielabbruche zu verzeichnen und waren Innenraumverweise von Trainern/Übungsleitern und Betreuern fast an der Tagesordnung.
Diese Entwicklung gipfelte dann am 03.09.2023 in einem körperlichen Übergriff auf einen Schiedsrichter.
Das daraufhin folgende Urteil des Kreissportgerichtes ließ überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Sportrechtsprechung auch in der Zukunft und erst recht aufgrund der seit dem 1.7. 2023 eingerichteten neuen Sanktionsmöglichkeiten bei Spielabbrüchen nach tätlichen Angriffen auf Schiedsrichter unnachgiebig Recht sprechen wird. Es war ein richtungsweisendes Urteil:
- Die Tätlichkeit gegen Schiedsrichter wurde mit einer Sperrstrafe von einem Jahr belegt.
- Durch das verschärfte Sportrecht werden verantwortliche Vereine mit Geldstrafen belegt. In diesem Fall führte nur das konstruktive und entgegenkommende Verhalten des Vereins, seine positiven Einlassungen zu dem Thema “Gewalt auf Sportplätzen” und die präventive Einstellung zur “Gewaltproblematik” zu einer noch recht milden Geldstrafe von 750 €. Mit dem Urteil gab es klares Signal an alle Mannschaften im Kreis, dass Geldstrafe für einen verursachten Spielabbruch bei weiteren Vorfällen sich je nach Lage der Dinge wohl eher im 4stelligen Bereich bewegen werden, zumal die neue Vorschrift Sanktionen bis 7.500 € zu lässt.
- Natürlich nahm das Sportgericht auch eine Spielwertung vor. Der verursachende Verein erhielt natürlich keine Punkte; die Partie mit 0:2 Toren verloren gewertet.
- Zudem ließ Sportgericht auch erkennen, dass ab sofort bei Spielabbrüchen der verursachende Verein innerhalb einer bestimmten Frist nachzuweisen hat, dass eine Beratung zur Gewaltprävention durch den FLVW bzw. dem Kreis erfolgt.
Für die Verantwortlichen des FLVW-Kreises Ahaus-Coesfeld war der Spielabbruch auch nichts Alltägliches. Natürlich erhält dadurch die immer wieder formulierte Befürchtung, dass es von der Zunahme der verbalen Gewalt auch nicht mehr weit ist zu körperlichen Übergriffen, “neue Nahrung”.
Jetzt sind in der Tat die Vereine gefragt, um durch präventive Maßnahme, die die Sportgremien des Kreises seit einigen Jahren anmahnen, alle Sporttreibenden wie Spieler, Trainer, Übungsleiter und Verantwortliche wie auch Eltern und Vereinsmitglieder davon zu überzeugen, dass auch ein ungebührliches Betragen und eine nicht zu tolerierende Wortwahl gegenüber Spielleitern und Gegnern zum Einlenken zu bewegen.